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Ende der Vorlesungszeit

Die Kombination aus einer Internetverbindung mit der zeitweiligen Dynamik eines altersschwachen Koalas  und der Unmassen von Assignments in meinen Kurses hat mich in den letzten Wochen etwas vom Schreiben für den Blog abgehalten. Jetzt ist das eigentliche Semester schon beendet und es heißt „nur“ noch, Faktenwissen für die Klausuren in knapp drei Wochen zu schaufeln…

Ich werde aber in den nächsten Tagen noch einiges posten, teilweise auch unter älterem Datum – also fleißig nach unten scrollen oder den Kalender benutzen. 🙂

UQ: Zwischenbilanz

Das eigentliche Semester, sprich: die Vorlesungszeit nähert sich ihrem Ende – Zeit für eine kleine, vorläufige Bilanz.

Die aus meinen unreflektierten Vorurteilen sowie von den Berichten anderer Leute gespeiste Annahme, dass die Lehre hier an der Uni in mancherlei Hinsicht von dem abweicht, was ich aus Deutschland kenne, hat sich durchaus bestätigt. In den ersten Wochen an der UQ war ich sehr beeindruckt – insbesondere von den Rahmenbedingungen des Studierens:  ein schöner Campus, gute technische Ausstattung in Hörsälen und Bibliothek, reichhaltige Service -und Sportangebote.

Die Studiererei selbst ist doch sehr verschult, insbesondere im Vergleich zu den nicht ‚modularisierten‘ Zeiten bei uns: Viele der angebotenen Kurse sind standardisiert und werden in jedem Semester von verschiedenen DozentInnen  angeboten – was Vorteile hat bei der Vorbereitung auf Klausuren (es gibt eine Datenbank, in der man letztere aus vergangenen Semestern abrufen kann), allerdings gelegentlich auch den Eindruck einer gewissen „Fließbandlehre“ macht. In den Tutorien, die zu jeder Vorlesung angeboten werden, wird – zumindest in den Kursen, die ich absolviere – tendenziell eher Faktenwissen abgefragt als diskutiert. Mündliche Präsentationen der Studierenden gab es nur in einer Veranstaltung. Ein Ergebnis des großen inhaltlichen Umfangs mancher Kurse ist auch – neben einem enormen permanenten „Workload“ – das Prinzip „Breite statt Tiefe“. Um sich näher mit einzelnen Aspekten zu beschäftigen oder mal ein Buch abseits des Kurscurriculums zu lesen, fehlt häufig schlicht die Zeit – es gab kaum eine Woche, in der nicht eine oder gar mehrere schriftliche Arbeiten abgeliefert werden mussten. Bei mir sind es in vier Kursen insgesamt 13 Essays oder sonstige schriftliche Leistungen, eine Präsentation und drei Klausuren. Allerdings ist der Workload auch stark davon abhängig, in welchem Fachbereich und was genau man studiert, wie ich inzwischen von anderen Studierenden erfahren konnte.

Für die Lehrenden selbst gilt aus meiner Sicht das Gleiche wie bei uns auch: Einiges an Licht, aber auch große Schatten… 🙂  Während es auf der einen Seite sehr engagierte, begeisternde und/oder kreative DozentInnen gibt, die in der Lage sind, auch komplizierte Sachverhalte einleuchtend zu erklären, ohne zu vereinfachen, habe ich auf der anderen Seite nicht wenige Vorlesungen erlebt, in denen diese Bezeichnung noch wörtlich genommen wurde und vorbereite Skripte schlicht abgelesen wurden – ohne jedwede Visualisierung oder sonstige Veranschaulichung (alternativ mit Bleiwüsten auf Powerpoint-Folien).

Mit Blick auf diese Erfahrungen ist mir jedenfalls endgültig klar geworden, dass die immer populärer werdenden Uni-‚Rankings‘ – mal ganz davon abgesehen, dass sie auch das Resultat eines fragwürdigen Bildungsverständnisses sind –  nur wenig aussagen über die tatsächliche Qualität der Lehre an einer Hochschule. Die Frankfurter Uni ist, in diesem Licht betrachtet, gar nicht schlecht…

Neues aus der Uni

Langsam artet das hier richtig in Stress aus – erst die fünfte Woche im Semester und es liegen schon drei Essays hinter mir. Es ist wirklich sehr gewöhnungsbedürftig, dass die Semesterferien hier auch wirklich Ferien sind und dementsprechend alles andere während des Semesters statt findet – inklusive aller Hausarbeiten. Dafür hat man eben danach frei – auch nicht schlecht. Schätze, ich finde „unser“ System insgesamt trotzdem besser – weniger Zeitdruck, mehr selbst bestimmtes Lernen. Außerdem ist es auch irgendwie merkwürdig, in Seminaren Essays zu schreiben, wenn man noch überhaupt keinen Überblick über ein Themengebiet hat. Man könnte das ein wenig euphemistisch als  „problemorientiert“ betrachten – tatsächlich allerdings arbeitet man meist an einer mehr oder weniger eng geführten vorgegebenen Fragestellung und presst sein geistiges Substrat dazu dann in das übliche Introduction – X Paragraphs – Conclusion-Schema mit striktem Wort-Limit. Das ist nicht grundsätzlich anders als bei der Frankfurter Anglistik, es wird allerdings alles wesentlich rigider gehandhabt und das Lese- wie auch Schreibpensum ist um Einiges höher.

Jedenfalls habe ich bisher Essays über Beowulf, über Chaucer’s The Miller’s Tale, sowie in meinem Australian Studies-Seminar eines über den Film Bra Boys geschrieben. Fazit: Ich muss an meinem Zeitmanagement arbeiten…

Kurse

Nun ist bereits die zweite Woche des Semesters vorbei – und ich habe mich endgültig für meine Kurse entschieden. Vorausschicken sollte ich für jene, denen das System hier nicht so geläufig ist, einige Vorbemerkungen:

Wer schon mal in Großbritannien war – oder auch vielen anderen Ländern, in denen das Bachelor-/Master-System dieser Tradition schon länger verankert ist – dem wird die Organisation des Studiums vertraut sein.  Grundsätzlich belegt man als „Full Time Student“ zwischen drei und fünf Veranstaltungen (Standard sind 8 Units = 4  Veranstaltungen), die dann jeweils meist aus einer Vorlesung und einem Tutorium bestehen und insgesamt in der Regel dreistündig sind (wobei ich hier nur für die „Humanities“ sprechen kann;  in anderen Fachbereichen, z.B. Chemie, gibt es teilweise noch Laborarbeit etc.). Das gilt sowohl für die Undergraduate-  als auch die Postgraduate-Kurse, wobei bei letzteren gelegentlich auch die vollen drei Stunden in einem Rutsch stattfinden.  Zu Beginn wurde uns gesagt, wir müssten mit einem „Workload“ für die Vor- und Nachbereitung von etwa 10 Stunden pro Woche und Kurs rechnen – und das ist durchaus realistisch, wie ich jetzt feststellen muss. 😉

Zu den Anforderungen, um einen Kurs erfolgreich zu absolvieren, gehören immer mehrere Komponenten. Meist trägt die Anwesenheit in den Tutorien und/oder ein wöchentliches Assignment (Übungszettel) mit 10 bis 20 %  zur Endnote bei; des Weiteren gibt es je nach Veranstaltungen ein bis zwei Klausuren sowie ein oder zwei unterschiedlich lange Essays (Hausarbeiten; ca. 1500 – 3000 Worte). In den Postgraduate-Kursen findet meist nur eine oder auch gar keine Klausur statt und es gibt häufig keine wöchentlichen Assignments. Dafür hat man häufig eine Präsentation zu geben und das Essay muss länger sein (ca. 4000 – 5000 Worte); das kommt somit organisatorisch jenen Seminaren am nächsten, die in Frankfurt üblich sind.

Ich habe mich – nach reichlich Hin und Her – für die folgenden Kurse entschieden:

  • LING6110: English: History, Change and Variation
    Ein Postgraduate-Kurs der Linguistik zur englischen Sprachgeschichte allgemein sowie speziell zur Entwicklung regionaler Varianten. Im Tutorium sind wir nur zu zehnt – was daran liegt, dass meist getrennte Tutorien für Undergraduate- und Postgraduate-Studierende angeboten werden.
  • LING3010: Grammar and Discourse
    Ebenfalls eine Linguistik-Veranstaltung; im Unterschied zur ersten sehr, wenn man so will, „handlungsorientiert“ im Sinne angewandter Linguistik: Zu den Inhalten gehört unter anderem die PC-gestützte Transkription sowie die Analyse authentischer Dialoge in Australian English.
  • AUST6120: Australia: Nation & Culture
    Eine medien- und kulturwissenschaftliche Veranstaltung, die insbesondere die Popkultur Australiens und ihren Beitrag zur nationalen „Identität“  zum Thema hat. Einer der Kurse an der Uni, die von einem sehr hohen Anteil „Internationals“ belegt werden und auch insgesamt von recht vielen Studenten besucht wird (etwa 80). Da außer mir nur noch eine weitere Studierende die „Postgraduate“-Variante belegt hat, sind wir im Tutorium zu dritt (inklusive Dozentin) – sehr nett. 🙂  Zum Kurs gehört außer Vorlesung und Tutorium ein australischer Film pro Woche; den Anfang machte „The Proposition“, eine Art australischer Western.  Empfehlenswert!
  • ENGL1800: Literary Classics
    Von „Beowulf“ bis „Beloved“: Eine sehr breit angelegte Veranstaltung zu englischer Literatur mit wechselnden Dozenten im Stil einer Ringvorlesung. Mein Lieblingsspruch der äußerst witzigen Dozentin aus der erstenVorlesung zu Beowulf im Kontext der angelsächsischen/altenglischen Sprachgeschichte: „You know, English is such a slut of a language!“
  • PHIL7100: Introductory Philosophy
    Hier besuche ich nur die Vorlesung – wäre sonst alles etwas viel. Aufgrund des Dozenten äußerst unterhaltsam (!) sowie trotz der Fokussierung auf die Philosophie der Moderne inhaltlich genauso breit,wie ich es mir erhofft hatte.

So, und jetzt geh‘ ich mal wieder lesen…

Campus & Orientation Week

In der Woche vor dem eigentlichen Semesterstart findet die „O-Week“ statt – was eigentlich nichts Besonderes ist, das kennt man/frau ja auch von deutschen Unis als Einführungswoche in die Uni allgemein sowie ins jeweilige Studienfach. Die Organisation aller entsprechenden Veranstaltungen hier ist jedoch äußerst professionell; man merkt sehr schnell, dass hier durch die Studiengebühren enorme Summen fließen – und die Studierenden tatsächlich als „Kunden“ gesehen werden. Wohl auch deshalb, weil – wie es sich ja auch bei uns langsam abzeichnet – zwischen den Hochschulen ein regelrechter Konkurrenzkampf um Studierende existiert.

Jedenfalls weiß ich jetzt einiges über „Safety Down Under„, über das australische Gesundheitssystem und die OSHC (Overseas Student Health Cover) sowie über den durch das „lazy tongue syndrome“ gekennzeichneten Slang sowie über Cricket (ich finde es trotzdem nach wie vor befremdlich, dass die das fünf Tage lang spielen) und natürlich Aussie Rules Football.

Der Campus selbst sowie die Hörsäle und Bibliotheken sind wirklich unfassbar gut ausgestattet und schön angelegt – da treibt es dem deutschen Durchschnittsstudenten die Tränen in die Augen. Mein absoluter Favorit sind allerdings die öffentlichen Mikrowellen, die im Freien stehen und in denen man sich mittags seine „Lefties“ (Leftovers vom Vortag) erwärmen kann…